Mangelndes Know-how, kein Spanisch, zu wenig Kohle - wie bitte, kann das
von Erfolg gekrönt sein...?
Aber: das stört scheinbar auch all jene nicht, die bisher nur Gast in Keipen
oder Restaurants waren und nun,
ohne je gekellnert oder als Koch eine Prüfung abgelegt zu haben, im Ausland
ihr Schicksal mit einem gastro-
nomischen Betrieb herausfordern.
Hilde kocht, Herrmann macht den Ausschank und eine Einheimische putzt - so
geht's meistens los. Und
"Deutsches Restaurant" muss noch auf dem neuen Logo und auf der Speisekarte
stehen. Der Rest kommt
dann von alleine kann ja nicht soooo schwer sein, eine Kneipe zu führen,
oder?
In meinen über 20 Jahren Paraguay habe ich so viele Pensionen, Restaurants,
Kneipen und "Deutsche Treffs"
von deutschen Einwanderern kommen und absacken sehen, dass es einem glatt
den Atem verschlägt. Ge-
schafft und durchgehalten haben es nur wenige Profis wie u.a. die Pichelmayers
aus der "Bayernstuben", Mei-
sterkoch Stengers oder, fleissig wie eine Arbeitsbiene, Werner vom "Jardin
Aleman" und ein paar andere.
Und auch dort gab es hie und da sicherlich harte und gute Zeiten. So ist es
nun mal in diesem Job, doch wer
in der Gastronomie berufliche Erfahrung mit bringt, kann es durchaus schaffen.
Aber nur mit Geld (oder ohne)
und guter Hoffnung alleine geht es jedenfalls nicht. Viel verpulvertes Geld,
ein Haufen ungeschultes Personal, kein Spanisch und Null-Ahnung von Gastronomie
und Menschenführung kreieren oft den Blitzuntergang der frisch eingewanderten
"Unternehmer". Und sowas ist kein Einzelfall. Im Gegenteil.
Einen gastronomischen Betrieb auf gesunde Füße zu stellen, das unterschätzen
fast alle Neustarter im Land
der Sonne. Aber Blauäugigkeit ersetzt nun mal weder fehlendes Kapital, noch
berufliche Fitness. Das gilt auch
für die zahlreichen deutschen Klein-Pensionen im Land. Den meisten Neustartern
ist kaum bekannt, dass es
auch für kleinere Betriebe ein paar Faustregeln gibt, die über die Wirtschaftlichkeit
entscheiden. z.B., dass ein
bis vier Zimmer fast immer nur ein sich "Durchmurksen" ermöglichen, da die
Grundkosten (Personal usw.)
die gleichen sind wie bei acht Doppelzimmern (dann aber mit einer besseren
Auslastung der Zimmer, sprich:
mehr Gewinn). Und... und... und...
Jeder Job hat nun mal seine Regeln und Voraussetzungen. Kennt man sie nicht
oder man befolgt sie nicht,
startet man in das Jammertal des Herumkrebsens. Hinzu kommt, dass sich - sei
es aus chronischem Geld-
mangel oder aus Geldgier - viele nicht auf ihre Rolle als Gastgeber (Pension,
Restaurant oder Hotel) be-
schränken, sondern sich als sogenannte "Landeskenner" anbiedern, Aufenthaltspapiere
"günstig" beschaf-
fen, Immobilien vermitteln oder an den Umzügen der Einwanderer mitverdienen
(oder an allem Provisionen
kassieren). Das spricht sich schnell rum und Dritte schicken da keine Gäste
mehr hin, weil sie Angst haben,
dass ihnen der Wirt oder Vermieter die eigenen Geschäfte vermasselt.
Das beste und effektivste Werbemittel in Paraguay, eine gute "Mund-Propaganda",
wird durch solche 'Ne-
bentätigkeiten' auf Null gesetzt. Was bleibt, ist der meist wenig effektive
Werbeweg über eine eigene Ho-
mepage im Internet. Auch die wird oft selbst gebastelt (ohne Werbekenntnisse)
und deren Wirksamkeit
überschätzt, weil nur die Ersteller selbst sie im weiten Angebot kennen und
bei Google finden. - Der harte
Weg des Überlebens ist also auch hier vorgezeichnet.
Wer in Paraguay mit einer Pension, einer Kneipe oder einem Restaurant
schon wegen der mangelnden
Spanischkenntnisse auf deutsche Hauptkundschaft setzt (das sind ein
paar wenige Prozente der Gesamt-
einwohner) verzichtet freiwillig auf 95% der restlichen Landesbewohner. Schwachsinn,
oder..? Das gleiche
gilt für die immer wieder auftauchende Idee, Paraguay sei ein Rentnerparadies
(wäre es im Prinzip tatsäch-
lich) und daher könne man sich mit einem Senioren-Ruhesitz (oder wie
auch immer man es nennen mag)
eine goldene Nase verdienen. Ein bisschen Marketing, eine kleine Umfrage im
Vorfeld, würde die euphori-
schen Senioren-Park-Freaks hingegen eines besseren belehren. Denn abgesehen
davon, dass man sei-
nen Interessentenkreis wieder deutlich (hier auf alte Menschen) einengt, tauchen
da unlösbare Problem-
chen auf. Auf die trivialen Gründe, warum die meisten "älteren
Leute" nicht nach Paraguay umsieldeln wol-
len, kommt man selber nicht. Da helfen wirklich nur gezielte Umfragen (und
die kosten meistens auch was).
"Meine Frau ist in Deutschland begraben - da will ich nicht so weit weg..."
oder "Seniorenpark? Nein, danke!
Sooo alt bin ich ja nun auch wieder nicht!".
Man sieht an diesen beiden kleinen Beispielen schon: Keiner, der noch die
Ärmel hochkrämpelt um nach
Paraguay auszuwandern, fühlt sich alt. Die Kategorie "Senioren"
gilt psychisch nicht für ihn. Wie also spricht
man Leute in Prospekten, Anzeigen, Homepages an, die sich selbst nicht als
"Senioren" betrachten? Man
ist so alt, wie man sich fühlt - und Auswanderer fühlen sich nicht
alt. Sie sind immer noch unternehmunglus-
tig und wollen nicht in eine "Altensiedlung". Wie und wen also ansprechen?
Damit geht es also schon los!
Und so sind all die seit dreißig Jahren immer wieder auftauchenden deutschen
Altenprojekte fast nie über
den Planungsstatus hinaus gekommen.
Freunde, ich komme aus der Werbung und "Marketing" ist mein zweiter
Name. Ich weiss durchaus, wovon
ich spreche. Und ich werde den Hut vor dem ziehen, der es mit gutem Marketing
jemals schaffen sollte, 20
bis 30 Renter in einen paraguayischen Seniorenpark zu lotsen. Ich bin der
Meinung: es geht nicht...
Doch zurück zur kleinen "normalen" Pension oder einem deutschsprachigen
Restaurant. Ich schrieb oben,
dass es ohne fachliche Kompetenz nicht geht. Das ist im Prinzip auch völlig
richtig. Doch sollte man hier
noch ergänzend sagen: es gibt in jeder beruflichen Ausrichtung auch (wenige)
Menschen, die instinktiv das
Richtige in ihrem Job tun, ohne je den Beruf erlernt zu haben. Mit gutem Feeling,
Anpassungsvermögen
und dem richtigen Gespür, alles mögliche richtig zu machen, kann
es also autodidaktisch durchaus funk-
tionieren.
Aber: so was gelingt im Ausland (wie daheim in Deutschland) nur selten. Das
Beispiel zeigt auch, dass
Erfolg oder Misserfolg (oft) von der eigenen Persönlichkeit ausgeht,
sobald der Umgang mit Kunden eine
Rolle spielt. Wer seine Kohle daheim am PC verdient, kann ruhig schrullig
sein, wenn er sonst beruflich
kreativ ist. Wer tagtäglich mit Kunden in Berührung kommt, sollte
möglichst keine Reibungspunkte bilden.
Und so steht oder fällt auch eine Kneipe mit dem Wirt sagt man.
Ich denke, da ist viel Wahres dran...
Also, meine Lieben: Wer immer vor hat, nach Paraguay einzuwandern, hier ein
paar Tipps für all jene, die
trotz allem glauben mit dem "Zubrot" durch eine kleine Pension oder einen
deutschen Treffpunkt gut zu-
recht kommen zu können:
Es geht
nicht ohne die Kenntnisse, die einen halbwegs erfolgreichen Selbständigen
auszeichnen:
Flexibilität, guter
(am besten geschulter) Umgang mit Gästen und Personal, Fachkenntnis (die man
sich auch
autodidaktisch aneignen kann), genügend Startkapital, Rücklagen und ein zumindest
gutes
Gespür für den
Markt (Lage, Möglichkeiten, Marktlücken, Management- und Marketing-Kenntnisse).
Fällt da auch
nur ein Punkt aus der Liste weg, wird es schon problematisch.
Vermeiden Sie wenn möglich
deutsche Cliquenbildung und Stammtische. Andere Gäste oder Besu-
cher fühlen sich da
nicht nur ausgegrenzt, sondern Sie schaffen damit nur eine neue Gerüchteküche
und das fällt letztlich
auf Ihren Betrieb zurück. Keiner empfiehlt eine Pension oder eine Bar weiter,
wo
über ihn hergezogen
wird. Zudem sollte ein Stammpublikum, wo jeder auf jedem rumhackt, nicht zur
Visitenkarte Ihres
Hauses werden. Verwechseln Sie bei den vorangegangenen Sätzen nicht "Stamm-
tisch" mit
"Stammgästen". Letztere sind das Salz in der Suppe solcher
Betriebe...
Beschränken Sie
sich nicht auf deutsche Stammkundschaft (nur weil Sie kein Spanisch sprechen).
Damit reduzieren
Sie ihr mögliches Kundenpotenzial um nahezu 98%. Lernen Sie Spanisch
das er-
spart Ihnen schlecht
kündbares Personal (auf das Sie sonst angewiesen sind).
Verpulvern Sie nicht
Ihr gesamtes Eingemachtes, um dann am Nullpunkt starten zu müssen, wo
dann
jeder eingenommene
und nicht eingenommene Guaranie zählt und die Zeit des engen Gürtels
folgt.
Man sollte meinen,
dass ein solcher Hinweis unnötig ist. Doch die Vergangenheit hat gezeigt
dass oft
schon bei der Eröffnung
keine Rücklagen mehr bestehen, und wie schwierig es dann wird,
von den
ersten dünnen
Einnahmen existieren zu müssen.
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